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2023-2024: Lieferkettengesetz - Bürokratiewelle für Spediteure?

23 Aug, 2023 1

Das globale Handelsumfeld wird zunehmend komplexer, nicht zuletzt durch neue gesetzliche Anforderungen, die Unternehmen auferlegt werden. Das Lieferkettengesetz, das Anfang 2023 in Kraft getreten ist, markiert einen Wendepunkt in der Art und Weise, wie deutsche Unternehmen ihre Verantwortung in globalen Lieferketten wahrnehmen müssen. Aber was bedeutet das konkret für Spediteure und andere Akteure in der Lieferkette? Während das Hauptziel des Gesetzes darin besteht, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden entlang der Produktions- und Lieferketten zu verhindern und zu mindern, bringt es auch erhebliche neue administrative Anforderungen mit sich. Insbesondere für Spediteure und Logistikdienstleister könnte diese neue Regelung eine Flut von Papierarbeit bedeuten.

 

Was ist das Lieferkettengesetz?

 

Das Lieferkettengesetz zielt darauf ab, die Verantwortung von Unternehmen entlang ihrer gesamten Produktions- und Lieferkette sicherzustellen. Es besagt, dass Unternehmen, die negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt verursachen oder tolerieren, rechtlich dafür belangt werden können. Das Herzstück des Gesetzes ist die Sorgfaltspflicht, welche Unternehmen verpflichtet, potenzielle Risiken in ihrer Lieferkette zu erkennen und zu minimieren.

 

Der Hintergrund des Gesetzes liegt in der Tatsache begründet, dass viele Produkte, die wir täglich nutzen - von Kleidung bis zu Elektronik - oft unter Bedingungen hergestellt werden, die Menschenrechte und Umweltschutzstandards missachten. Beispielsweise sind Kinderarbeit in Kakaoernten oder gefährliche Arbeitsbedingungen in Textilfabriken keine Seltenheit.

 

Warum ist dieses Gesetz wichtig?

 

Vorfälle wie der Gebäudeeinsturz in Bangladesch oder der Brand in Pakistan haben die Notwendigkeit für einen gesetzlichen Rahmen deutlich gemacht. Freiwillige Maßnahmen der Unternehmen haben in der Vergangenheit oft nicht ausgereicht. Das Lieferkettengesetz soll dazu beitragen, dass solche Tragödien in Zukunft vermieden werden.

 

Neuerungen des Lieferkettengesetzes 2023 und 2024 in DE laut BMAS:

 

1. Sorgfaltspflichten in der Lieferkette: Ab 2023 sind große Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern verpflichtet, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihrer gesamten Lieferkette zu identifizieren, zu verhindern und darüber zu berichten.

 

2. Ausweitung der Regelungen: Ab 2024 wird der Anwendungsbereich des Gesetzes auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern erweitert.

 

3. Zivilrechtliche Haftung: Im Falle von Verstößen gegen das Gesetz können Unternehmen rechtlich belangt werden, wenn sie ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen.

 

4. Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens: Unternehmen müssen Mechanismen implementieren, durch die betroffene Dritte potenzielle Verstöße melden können.

 

Warum droht eine Bürokratieaufwand?

 

1. Dokumentations- und Berichtspflichten: Unternehmen sind verpflichtet, detaillierte Berichte über ihre Maßnahmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten in ihrer Lieferkette zu erstellen. Dies bedeutet nicht nur das Erfassen von Informationen, sondern auch das regelmäßige Aktualisieren dieser Dokumente.

 

2. Risikomanagement: Das Identifizieren von Risiken ist ein kontinuierlicher Prozess. Unternehmen müssen ständig potenzielle Gefahrenquellen in ihrer Lieferkette ausfindig machen, Strategien zu ihrer Minderung entwickeln und diese schriftlich festhalten.

 

3. Beschwerdemechanismen: Das Einrichten eines Systems, um Feedback und Beschwerden von Betroffenen zu sammeln, erfordert ebenfalls Dokumentation. Jede Beschwerde muss sorgfältig geprüft, dokumentiert und beantwortet werden.

 

4. Überprüfung von Zulieferern und Partnern: Unternehmen müssen sicherstellen, dass auch ihre Geschäftspartner die Anforderungen des Lieferkettengesetzes erfüllen. Dies erfordert zusätzliche Überwachung und Dokumentation.

 

Herausforderungen für Spediteure

 

Spediteure und Logistikdienstleister stehen im Mittelpunkt globaler Lieferketten. Daher müssen sie nicht nur ihre eigenen Prozesse überprüfen, sondern auch die ihrer Partner. Die Komplexität ihrer Geschäftsmodelle kann zu einer erheblichen Erhöhung des Papieraufwands führen:

 

  • Vertragsmanagement: Neue Vereinbarungen mit Lieferanten und Partnern könnten notwendig sein, um die Einhaltung des Lieferkettengesetzes sicherzustellen. Dies bedeutet zusätzliche Verträge, Nachverfolgungen und Überarbeitungen.

 

  • Audits und Inspektionen: Um sicherzustellen, dass alle Beteiligten die Standards einhalten, könnten regelmäßige Audits und Inspektionen erforderlich sein, die wiederum umfangreiche Berichterstattung erfordern.

 

  • Schulungen: Die Einführung des Gesetzes könnte auch bedeuten, dass Mitarbeiter in den neuen Anforderungen geschult werden müssen. Dies würde zusätzliche Materialien, Dokumentationen und Berichterstattung über den Fortschritt der Mitarbeiter erfordern.

 

Kritik am deutschen Gesetz

 

Trotz seiner noblen Absichten wird das deutsche Lieferkettengesetz auch kritisiert. Es gibt Bedenken, dass es nicht weit genug geht und Unternehmen zu viele Freiheiten lässt. Insbesondere die Umweltaspekte des Gesetzes, wie Biodiversität und Klimawandel, werden als unzureichend angesehen.

 

Europäischer Kontext

 

Während Deutschland sein eigenes Gesetz eingeführt hat, arbeitet die EU ebenfalls an einem Lieferkettengesetz. Dieses könnte strengere Anforderungen stellen und auch für kleinere Unternehmen gelten.

 


Fazit

 

Das Lieferkettengesetz hat zweifellos ehrenwerte Ziele und adressiert wichtige ethische Fragen in globalen Lieferketten. Für Spediteure und Logistikdienstleister bedeutet es jedoch auch, dass sie sich auf eine Welle neuer administrativer Aufgaben vorbereiten müssen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Branche an diese neuen Anforderungen anpasst und ob die erhofften positiven Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt die administrative Last rechtfertigen.

 

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